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Cannabis bei Angststörungen

Das Herz klopft, Schweiß bildet sich auf der Stirn – am ganzen Körper. Gänsehaut schleicht sich an den Armen entlang, feine Härchen stellen sich auf. Der Puls beschleunigt sich. Das Atmen fällt schwerer, Schwindel tritt ein. Sie ist da. Die Angst.

Kaum einer mag sie und doch ist sie ein natürliches Gefühl, um uns vor Gefahren zu warnen. Die Angst lässt uns beginnen, Handlungsoptionen bzw. Reaktionen gegeneinander abzuwägen. Flucht oder Abwarten? Angriff oder Rückzug? Leise sein oder laut um Hilfe rufen? Die Angst verschwindet, wenn die Bedrohung vorüber ist.

Anders verhält es sich bei einer Angststörung, denn hier treten Angstreaktionen auch in nicht bedrohlichen Lebenslagen auf. Sprich, die gefühlte Angst steht in keinem angemessenen Verhältnis zur bestehenden Situation. Und doch empfinden Betroffene die Angst psychisch wie auch physisch als sehr intensiv. Der eine oder die andere erkennt zwar, dass die Angst unbegründet ist, aber das Gefühl kann nicht kontrolliert oder ausgeblendet werden. Bei einer Angststörung tritt die Angst immer wieder auf. Entweder unabhängig von bestimmten Triggern (z. B. Panik) oder in Zusammenhang mit konkreten Situationen oder Orten (z. B. Flugangst, Agoraphobie). Betroffene versuchen, dem aus dem Weg zu gehen – in extremen Fällen sogar so weit, dass sie sich komplett zurückziehen.

In Deutschland sind etwa 9 von 100 Männern sowie 21 von 100 Frauen zwischen 18 und 79 Jahren innerhalb eines Jahres betroffen. 5% bei Männern und 15% bei Frauen haben eine Angststörung, die durch einen bestimmten Auslöser verursacht wurde.

Bis jetzt ist noch nicht 100%ig geklärt, wo die Ursachen für eine Angststörung liegen. Man vermutet, dass verschiedene Umstände zusammenspielen. Dazu gehören persönliche Erlebnisse, Stress/Belastungen in Zusammenhang mit anderen Menschen, erlernte Verhaltensmuster, Gene, aber auch ein mögliches Ungleichgewicht von bestimmten Botenstoffen im Gehirn.

Könnte hier eine Therapie mit Medizinalcannabis unterstützen? Das Endocannabinoidsystem (ECS) LINK spielt hier auf jeden Fall eine wichtige Rolle. Es gehört zum menschlichen Körper und reguliert Körperfunktionen wie z. B. Hunger, Gedächtnis, Schlaf, Antrieb und auch Stressreaktion und Stimmung. Das ECS besteht aus körpereigenen Botenstoffen – den Endocannabinoiden, Rezeptoren und Enzymen.

Endocannabiniode binden sich an CB1 und CB2 Rezeptoren, die an Zellen im ganzen Körper vorhanden sind. Endocannabinoide sind den Cannabinoiden ähnlich, nur werden sie im eigenen Körper produziert. Sie tragen mit dazu bei, die innere Balance zu regulieren. Ist man gesund, läuft das ECS automatisch und die CB1 und CB2 Rezeptoren werden durch die natürlichen Endocannabinoide stimuliert. Aber das funktioniert auch durch Cannabinoide und es deutet vieles darauf hin, dass die Verwendung von Cannabinoiden die Angst lindern könnte.

Das Interesse an CBD zur Behandlung von vielen Störungen ist enorm, allerdings gibt es bis jetzt nur wenige klinische Studien dazu. Eine amerikanische Studie aus dem Jahre 2019 schlussfolgert, dass Cannabidiol (CBD) eine beruhigende Wirkung auf das zentrale Nervensystem haben soll. In der Studie wurden Schlaf- und Angstwerte mittels validierter Instrumente vor und nach einer ergänzenden Behandlung mit Cannabidiol (CBD) gemessen. Die monatliche Dokumentation von Angstzuständen und Schlafqualität wurde bei 103 erwachsenen Patient:innen retrospektiv überprüft. Die finale Stichprobe umfasste 72 Erwachsene, die unter Angstzuständen oder schlechtem Schlaf litten. Die Angstwerte nahmen bei 57 Patient:innen (79,2%) innerhalb des ersten Monats ab und blieben konstant niedrig. Die Verträglichkeit von CBD wurde bei allen bis auf drei als gut beschrieben.

Aber es gibt auch Studien, die zum entgegengesetzten Ergebnis kommen. Also, dass Cannabis wohl auch Angst verursachen könnte. Als Ursache wird die Dosierung genannt, denn die gleichen Cannabinoide können niedrig dosiert Angst lindern und hoch dosiert die Angst verstärken.

Studien zum Thema Cannabis gegen Angststörungen sind wie geschrieben, bisher eher dünn gesät und auch nicht 100%ig klar, da Cannabis teils überraschende Auswirkungen auf die Angst hatte. Einige Studien berichten klar von positiven Ergebnissen, andere kommen zu einem negativen Schluss. Die große Frage ist, welche Faktoren für die unterschiedlichen Ergebnisse sorgen und wie man diese in Richtung „regelmäßig positive Ergebnisse“ führen kann.

Allerdings ist Cannabis auch sehr vielseitig, was sich dann auch in der Vielzahl verschiedener Cannabisprodukte mit unterschiedlichen aktiven Stoffen widerspiegelt.

Es heißt, dass die möglichen unterschiedlichen Auswirkungen von Cannabis auf die Kombination aus Cannabinoiden und anderen Pflanzenstoffen wie Terpene und Flavonoide zurückzuführen sein könnten.

Die erste Studie, die den Fokus auf die verschiedenen Cannabissorten hat und welche Auswirkungen sie auf Angststörungen haben könnten, kommt aus Kanada.

Forscher:innen von Whistler Therapeutics haben überprüft, welche Sorten effektiv und welche eher ineffektiv zur Angstlinderung beigetragen haben. In Kooperation mit einem Cannabis-Hersteller wurden 25 Sorten auf ihre chemische Zusammensetzung geprüft. Dazu wurden 442 Patient:innen mit Angststörung befragt, welche Sorte bei ihnen am stärksten oder am schwächsten wirkt. Die Ergebnisse der Befragung wurden mit zwei unabhängigen Labortests verglichen.

Laut der Studie wurden Kush-Sorten mit hohem Terpenanteil an Trans-Nerolidol, Beta-Caryophyllen und D-Limonen als am besten angstlösend bewertet. Das Terpen Trans-Nerolidol erwies sich auch in Kombination mit einem hohen Anteil an THC in einer Sorte wahrscheinlich als am besten gegen Angst wirkend. Terpene wie Terpinolen, Guaiol, Eucalyptol, Gamma-Terpinen, Alpha-Phellandren, 3-Caren und Sabinenhydrat schnitten in der Bewertung am schlechtesten ab.

Auch wenn die Studie nur im kleineren Rahmen durchgeführt wurde, gibt es Hinweise, dass Angststörungen abhängig vom chemischen Profil des Cannabisprodukts unterschiedlich stark verringert werden könnte.

Quellen 

https://www.algeacare.com/de-de/cannabis-bei-angststoerungen-und-panikattacken-thc-und-cbd-bei-angst/ https://cannigma.com/de/krankheiten/angststoerung/ Häußermann, Grotenhermen, Milz, „Cannabis- Arbeitshilfe für die Apotheke“, 2017, 2.Auflage. Shannon S, Lewis N, Lee H, Hughes S. Cannabidiol in Anxiety and Sleep: A Large Case Series. Perm J. 2019;23:18-041. doi: 10.7812/TPP/18-041. PMID: 30624194; PMCID: PMC6326553. https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/angststoerung/hintergrund https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/angststoerungen